37. 1000km-Langstrecke 2009

Ausschreibung

Text: Matthias Hackl
Fotos: Siegfried Preusche / Birgit Schöppfe / Horst Bachmann / Uwe Demuth / Falk Preusche

Wenn mich Bekannte oder Arbeitskollegen am Wochenende mit dem längsten Tag im Jahr fragen was ich mache, so antworte ich nun schon seit einigen Jahren: "Tausend Kilometer Motorrad fahren." "Was? Tausend Kilometer? Aber doch nicht an einem Stück?" so lauten dann meistens die Gegenfragen, insbesondere von denen, die selber Motorrad fahren. Oft folgt eine kurze Diskussion, in der ich die Modalitäten der Langstreckenfahrt vorstellen kann, die dann mit dem Fazit des Gesprächspartners schließt, dass das doch etwas zu viel und daher nichts für ihn sei, evtl. könne man ja vielleicht dann im nächsten Jahr noch mal darüber reden. "Schade" denke ich dann und frage mich, was eigentlich der Antrieb ist, jedes Jahr wieder neu die 1000km in Angriff zu nehmen. Ist es die Möglichkeit mal so lang Motorrad zu fahren? Sind es die tollen Gegenden die man durchfährt und damit Stück für Stück Deutschland besser kennen lernt? Ist es die Herausforderung des sportlichen Wettkampfs in den Wertungsprüfungen, oder auch nur der - im Ziel angekommen - gewonnene Kampf gegen sich selbst, Durchhaltevermögen gezeigt und erneut wieder entgegen allen u.U. anzutreffenden Widrigkeiten eine 1000km-Langstrecke absolviert zu haben? Oder ist es das Wiedersehen mit den vielen gleichgesinnten Motorradfahrern?
Ich denke es ist von allem etwas dabei und möchte daher diese Einführung mit der Botschaft an alle motorradfahrende Leser abschließen: "Wer hier nicht mitmacht, verpasst ein echtes motorsportliches Highlight!"
Am 19.06.09 vormittags war es wieder soweit. Bernd und ich - wir fahren die Langstrecke schon immer zusammen - hatten die Motorräder verladen und machten uns auf die Fahrt nach Geyer. In der dortigen Jugendherberge startete die diesjährige 1000km-Langstrecke. Gleich nach der Ankunft am Spätnachmittag, wir hatten diesmal eine kurze Anreise von etwa 400 km, wurden unsere Motorräder technisch abgenommen, d.h. auf StVZO-gemäßen Zustand kontrolliert. Anschließend wurden unsere Papiere, Führer- und Fahrzeugschein sowie ordnungsgemäße Nennung und Nenngeldzahlung überprüft und uns unsere Zimmer zugewiesen.
Während dem Abendessen begannen wir dann mit den konkreten Fahrtvorbereitungen, in dem wir unsere Strecke ausarbeiteten. Im Gegensatz zu etwa der Hälfte der Starter, die ihre Strecke mit elektronischen Helfern erarbeiten, halten wir es hier noch ganz konservativ: Strecke mit Leuchtstift auf der Karte markieren und diese später so gut wie möglich einhalten. Natürlich entspinnt sich da so manche Diskussion über die Für und Wider der einen oder anderen Methode, das Schöne ist, jeder kann so fahren wie es ihm am besten passt, der Karten-Navigator muss sich halt insbesondere bei dem nächtlichen Streckenteil auf etwas kleineren Fahrtschnitt einstellen; die Fahrtzeit reicht jedoch allemal.
Obwohl viele langjährige Teilnehmer dabei sind, ist am nächsten Morgen eine gewisse Unruhe und bei mir selbst dieses Kribbeln im Bauch zu spüren, wenn es auf den Start zugeht, der Fahrtleiter in einer kurzen Besprechung die Fahrer begrüßt und einzelne Fahrthinweise gibt.
Pünktlich um 9:00 Uhr startet das erste Fahrzeug zur Langstrecke. Zuerst die Mopeds, dann die Gespanne/Quads, danach die Soloklassen entsprechend des Eingangs der Nennunterlagen.
Schon die erste Prüfung ein motorsportliches Schmankerl: Ein kurzer Sprint bergauf mit spitzer Linkskehre einem Rechtsknick und Bremsprüfung. Top!
Obwohl mit nagelneuem Gerät am Start, kämpft Bernd hier gleich mit seiner BMW HP2 Megamoto: Sie startet nicht, nur ein kurzes Klack vom Anlasser. Also Anschieben oder bergab Rollen, ist aber alles erfolglos. Schnaufend und schweißgebadet probieren wir es mit Starthilfe und siehe da, das überzeugt den Boxermotor die Arbeit aufzunehmen und gleich knackig zu Werke zu gehen: Bestzeit beim Bergsprint in der Klasse.
Nach dem guten Start folgt nun eine Fahrt bei schönstem Wetter in Richtung Klingenberg. Dort erwartet uns das wohlbekannte und vom Autor gefürchtete Spurbrett, das diesmal jedoch mit voller Punktzahl absolviert wird.
Die nächste Kontrollstelle in Altenberg hat einen Slalom zur Aufgabe, der übersichtlich angelegt und gut zu fahren war.
Jetzt begann die Königsetappe der diesjährigen 1000km. Immer dicht an der tschechischen Grenze entlang, über Satzung (Datum einer Hinweistafel bestimmen) nach Oberwiesenthal mit einem schön zu fahrendem Slalom auf dem Parkplatz zum Fichtelberg weiter nach Klingenthal, wo fünf Bauteile eines Motorrads auf Zeit lagerichtig anzuordnen waren. Bei Traumwetter, wenig Verkehr und wunderschön kurvigen Straßen ein Gedicht für jeden Motorradfahrer. Hier konnte man die an den vorigen Kontrollstellen durch Warten verlorene Zeit locker und mit großem Spaß wieder hereinholen. Danke Fahrtleiter!
Als nächster Kontrollstelle war ein historisch geprägter Ort angesagt. Zwei Orte, Mödlareuth Bayern und Mödlareuth Thüringen, die eigentlich ein Dorf sind, das durch die deutsch-deutsche Grenze geteilt war, wurden als nächstes aufgesucht. Hier mussten die Jahreszahlen auf einer Gedenktafel sowie die genaue Bezeichnung eines Panzers gesucht und in die Fahrerkarte eingetragen werden. Diese Orte an der ehemaligen Grenze berühren emotional besonders stark, hat die Grenze doch über lange Zeit das Reisen und Kennenlernen des jeweils anderen Deutschlands verhindert. Glücklicherweise, sicher nicht nur für uns Rallyefahrer, sondern auch für die Bewohner dort, liegt heute zwischen den beiden Mödlareuths nur ein ganz kurzer Dreh der Gashand!
Nach der Kontrollstelle Mödlareuth traf uns erstmals Regen bei dieser Langstreckenfahrt. Leicht sprühend und auch nur kurz. Es sollte der einzige, zumindest für uns bleiben. Wie sagt dazu der Volksmund? "Wenn Engel reisen, lacht die Sonne!"
Weiter ging die Fahrt nach Zeulenroda, hier war ein Slalom mit trickreichen Kombinationen über einen riesigen Parkplatz gesteckt. Um diesen schnell und fehlerfrei zu befahren, musste entweder anderen Fahrern zugeschaut oder noch besser, durch Begehen des Platzes die richtige Linie gefunden werden.
Im Streckenverlauf war nun als nächstes bei Altenburg-Nobitz der Flugplatz anzufahren und die genaue Nummer eines Ausstellungsflugzeugs zu ermitteln.
In Bad Lausick wartete die obligatorische Langsamfahrprüfung auf die Rallyeteilnehmer. Obwohl der Autor im täglichen Fahrbetrieb vor vielen Ampeln das Langsamfahren übt, hat es wenig genutzt. Locker die 1,5-fache Fahrzeit haben die langsamsten Fahrer in die schmale Spur gelegt. Alle Achtung!
Die nun folgenden Etappe hatte alle von Langstreckenfahrern gefürchteten Widrigkeiten in sich. Auf der Karte sah es zunächst ganz leicht aus, die direkte Durchfahrt von Colditz nach Hartha haben wir jedoch nicht gefunden. Schließlich endete dies in einem Umweg über Rochlitz. Auf dem kurzen Autobahnstück bis Nossen dann größter Schreck: Plötzlich verliert das bis dahin wunderbar laufende zweitaktende Fahrzeug Leistung, der Motor bleibt mit Kupplung ziehen schlagartig stehen. Sollte es das für diese Langstreckenfahrt gewesen sein? Der erste Ausfall bei achtzehn Langstreckenfahrten? Zunächst schleppt Bernd mich bis zur Ausfahrt. Dort lassen wir den Motor abkühlen und starten dann erneut. Mit sehr vorsichtiger Fahrweise erreichen wir Löthain. Wir beschließen dort, langsam und vorsichtig weiterzufahren um zu probieren wie weit der Motor hält. Aufgabe kommt nicht in Frage, außer wenn die Kurbelwelle nicht mehr dreht!
Nach dem wohlbekannten immer wieder schönen Slalom in Löthain, diesmal nicht mehr um das Rondell sondern diagonal darüber, ging es mit verminderter Geschwindigkeit über Meissen und Großenhain nach Plessa. Dort erwartete uns der schnellste Slalom dieser Langstrecke, der um das Industriegebiet führt. Leider zwar nur mit stumpfer Waffe unterwegs, habe ich für diese WP die Schonung des geklemmten Kolbens hinten angestellt. Sportfreunde in Plessa: "Das war Spitze!" Abgerundet wurde die Kontrollstelle Plessa durch eine gute Bewirtung während der Zwangspause im Kraftwerk, die keine Wünsche übrig ließ. Selbst ein Eis zum Kaffee konnte geordert werden.
Nach der Zwangspause holten uns die eigentlichen Kernprobleme des Langstreckenfahrens ein: Kraftstoffmangel und Dunkelheit. An der Tankstelle in Plessa und Lauchhammer herrschten Dunkelheit. Bei langsamer, umwegiger Fahrt nach Schwarzheide ging so bestimmt eine halbe Stunde verloren. Mit vollen Tanks nahmen wir die Strecke über die Durchfahrtskontrollen Lichterfeld (F60-Besucherbergwerk), Kloster Zinna (Schritte zählen und Prüfsumme berechnen) bis nach Torgau wieder auf.
In Torgau erwarteten uns die Sportfreunde Georg/Morch mit einer Prüfung von hohem Unterhaltungswert: "Parallel-Slalom-Sackhüpfen und Zieleinlauf à la Hau den Lukas." Nach der Prüfung und einem heißen Kaffee war zumindest für die nächsten Kilometer die nächtliche Kälte kein Thema mehr.
Die schonende Behandlung meiner Yamaha RD350 sollte sich auszahlen: Die Fahrt zum Grabmahl Gustav Adolphs bei der DK Lützen durch Leipzig sowie zur DK Grimma in der Morgendämmerung verliefen problemlos. Die Kontrollstelle in Wechselburg erreichten wir unter Einbeziehung des am Vorabend "getesten" Umwegs über Colditz-Rochlitz.
Die Aufgabe in Wechselburg forderte ganz andere Fähigkeiten heraus, als die übrigen Prüfungen der Langstrecke. Wer weiß schon wie sich die Schwerpunktslage eines Trapezes verhält? Gutes Gefühl und Augenmaß waren zumindest für den ersten Teil der Aufgabe maßgeblich, der zweite Teil war durch Logik zu lösen. Guter Wachmacher am Morgen!
Die restliche Strecke bis zum Ziel an der Jugendherberge Geyer war im Licht des frühen Sonntags gut zu finden. Etwa eine Stunde vor unserer Sollzeit kamen wir an und wurden mit einer schönen finalen Wertungsprüfung belohnt. Die bei Start aufwärts befahrene Sprintstrecke wurde nun als Rollprüfung umfunktioniert. Also ohne Motor, bergab Linksknick, spitze Rechtskehre und ... ins Ziel.
Wieder eine Langstrecke zuendegefahren, diesmal zwar mit innermotorischen Schrammen, aber trotzdem in Wertung angekommen, das gibt ein tolles Gefühl, trotz Müdigkeit, Kälte und schmerzendem Sitzfleisch.
Abschließend herzlichen Dank besonders an die Fahrtleitung, den MC Freital und alle Clubs die mitgeholfen haben die 37. Langstrecke zu organisieren und zu gestalten.
Wir freuen uns auf die 38. Langstrecke 2010. Der Termin steht heute schon in meinem Outlook-Kalender!


Ergebnisse Klasse 1
Ergebnisse Klasse 2
Ergebnisse Sprintwertung



 
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